[Auszug] Buch: Geborgen in Ihm (Richard Sibbes) / Nachbemerkung (Siegfried Schad)

Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Richard_Sibbes.jpg zur Wiederverwendung und Veränderung gekennzeichnet

[Auszug] Buch: Geborgen in Ihm (Richard Sibbes)

Das, was einige vom verwurzelten Glauben, dem „fidas radicata“, sagen, dass er fortbestehe, während ein schwacher Glaube zu nichts käme, scheint im Widerspruch zu dieser Schriftstelle zu stehen, denn wie der stärkste Glaube erschüttert werden mag, so ist doch der schwächste Glaube – wo Wahrheit ist – so weit verwurzelt dass er bestehen wird. Schwäche, gepaart mit Wachsamkeit, wird standhalten, während Stärke gepaart mit zu großer Selbstsicherheit, versagen wird. Schwäche, die man eingesteht, ist der geeignetste Ort und Anlass für Gott, um darin seine Kraft vollkommen zu machen, denn das Bewusstsein für unsere Schwächen drängt uns von uns selbst weg zu ihm, in dem unsere Kraft liegt.

Puritaner Richard Sibbes 1577-1635

Daraus folgt, dass Schwachheit sehr wohl vereinbar sein kann mit der Heilsgewissheit. Die Jünger werden, ungeachtet all ihrer Schwächen, aufgefordert, sich zu freuen, dass ihre Namen „im Himmel geschrieben sind“. Mit Konflikten verbundene Misserfolge in der Heiligung sollten nicht den Frieden unserer Rechtfertigung und Heilsgewissheit schwächen. Was in uns schlecht ist, spielt keine so große Rolle wie das, was gut ist; es geht nicht um unsere Verderbtheiten, sondern wie wir sie betrachten; nicht um unsere besonderen Fehler, sonder vielmehr darum, was der Zusammenhang und Verlauf unseres Lebens ist. Denn Christi Abneigung gegenüber dem, was in uns nicht stimmt, führt nicht zu einem Hass auf uns als Person, sondern zur siegreichen Unterwerfung all unserer Schwachheiten.


Nachbemerkung (Siegfried Schad)

Der (theologische) Perfektionismus* in den Köpfen vieler Christen ist viel weiter verbreitet als das theologische Konstrukt das behauptet, daß ein Christ in seinem hiesigen Leben auf Erden sündlos werden könnte … mit Verlaub, diese untheologische Behauptung ist schon auf den ersten Blick albern und unbiblisch, wozu beten wir also „… und vergib uns unsere Schuld… “ anstatt zu danken, daß wir an keiner Sünde mehr teilhaben?

Und dennoch geht uns häufig wieder und wieder die reformatorische Lehre von der völligen Verderbtheit des Menschen in unserem eigenen Bewußtsein als Christen verloren und wird ersetzt von einem Maßstab den auf dieser Erde alleine unser Herr Jesus Christus erreichte …

Ein Glaubender der in der selbstsicheren Hoffnung wandelt womöglich sündlos perfekt zu werden und aus den eigenen Heiligungsbemühungen Resultate erzielen möchte, muß in seinem gesamten Anspruch zutiefst erschüttert werden, gebeugt in den Staub, zerschmettert vor dem Angesicht Gottes, bis zu dem Punkt an dem seine demütige Erkenntnis kommt, daß wir alleine aus der Gnade Christi und seinem Handeln in unserer Schwachheit vor IHM auf der Töpferscheibe und unter Schmerzen in sein Bild verändert werden.

  • siehe HIER eine ausführlichere Erläuterung zum Perfektionismus und zur Heiligungsbewegung